Der Jakobsweg – Eine Reise ins Ich! (Interview mit Herbert)

kathedrale ich habe in meinem leben schon einige menschen für die verschiedensten inhalte interviewt. aber eines der seltsamsten war das mit herbert s. (name geändert).

ich komme am sonntag morgen um 10 uhr auf den kathedralen vorplatz in santiago. es ist zwar kalt, aber die sonne scheint vom blauen himmel. hier und da huschen ein paar weiße wölkchen vorbei. da liegen mitten auf dem platz eine menge menschen, lachend, lustig und tollen herum, wie die kleinen kinder. die fröhlichkeit ist ansteckend, man möchte fast mitlachen. und das macht mir mut, auf einen daliegenden mann zu gehen und ihn nach seinen motiven zu befragen.

ich: sind die steine eigentlich nicht zu kalt, um im november darauf zu liegen?

herbert: ich spüre die kälte nicht. ich spüre die blasen an meinen füßen, meine waden die schmerzen, druckstellen auf meinem rücken und verspannungen in meiner schulter. aber über allem steht ein unbändiges schönes gefühl im körper. ich habe es geschafft. 890 km und noch ein paar in und um regensburg. (dabei zeigt er mir stolz die compostela mit seinem namen).

ich: wie lange waren sie unterwegs?

herbert: 42 tage. fast ein jahr habe ich mich darauf vorbereitet. bin in größeren und kleineren etappen zur vorbereitung gewandert. dann schloß sich eine pilgerung von rothenburg ob der tauber nach nürnberg an. und für diese pilgerreise habe ich meinen urlaub 2011 und 2012 zusammen gelegt.

ich: wie war das machbar?

herbert: ich bin mitarbeiter einer schraubenfabrik und habe einen sehr verständnisvollen chef. er hat mich bei meinen bemühungen sehr unterstützt.

ich: wo sind sie gepilgert?

herbert: ich bin den französischen weg gegangen. aus den pyrenäen über jaca, pamplona, estella, burgos und leon nach santiago. ein freund hat mich mit dem wagen zum ausgangspunkt gebracht. obwohl der ausgangspunkt mein haus in regensburg ist. von dort habe ich meine innere reise gestartet. ursprünglich wollte ich den deutschen weg von zu hause über augsburg, ulm und konstanz gehen. dann hätte ich aber mehr als die dreifache  zeit gebraucht.

ich: was war ihr motiv? warum haben sie sich diese strapazen angetan?pilgerbüro

herbert: ich habe vor zwei jahren meine frau an krebs verloren. wir waren 23 jahre sehr glücklich verheiratet und sind in unserer ehe viel gewandert. oft haben wir davon gesprochen, in meinem ruhestand eine größere pilgerreise zu unternehmen. ich war nach ihrem tod traurig, unseren wunsch nicht zu ihren lebzeiten umgesetzt zu haben. zu oft habe ich arbeit, andere freizeitaktivitäten und anderes vorgeschoben. an ihrem grab habe ich ihr versprochen, jetzt wird nichts mehr verschoben. jetzt wird gemacht! und ich bin sicher, es hat ihr gefallen, dass ihr alter herbert durchgehalten hat. ich hatte sie immer dabei, wir haben uns viel unterhalten auf den zum teil großen etappen. mut hat sie mir gemacht. immer dann, wenn die pflaster für die blutblasen ausgegangen waren und jeder schritt schmerzte. mit ihrer liebe zu mir hat sie mir kraft vermittelt.

und als ich gerade im pilgerbüro war um meine urkunde abzuholen war ich fast geneigt, auch eine für sie zu erfragen. schließlich war sie immer dabei. aber sie verneinte – da wo sie ist brauche man keine urkunden der bestätigung mehr. ich habe aus liebe zu ihr ihr meine gewidmet.

(und dabei verlassen ein paar tränen des glücks seine augen. und immer noch auf dem pflaster liegend sagt er:)

so. jetzt geht es in die messe. meine reise ist hier vorläufig zu ende. der gottesdienst gehört dazu. es ist mein dank an gott, das er mich auf meinen wegen sicher geleitet hat.compostela

ich: ich danke ihnen für die lieben worte und wünsche ihnen alles gute auf den weiteren wegen und gottes segen dazu.

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